Guten Tag, ich bin Joachim Schaller. Ich arbeite als Rechtsanwalt und berate in diesem Zusammenhang viele Studienbewerber und Studierende und möchte zu zwei Punkten aufgrund auch meiner beruflichen Erfahrungen etwas sagen. Einmal zu den Studiengebühren und zum zweiten zu der Frage: „Wo werden eigentlich in Zukunft die Prüfungs- und Studienordnungen veröffentlicht?“
Zunächst mal zu den Studiengebühren: Ich bin der Auffassung, dass Studiengebühren abzulehnen sind, weil sie keine Verbesserung der Studienbedingungen bringen werden, sondern vielmehr viele Studienbewerber davon abschrecken werden, das Studium aufzunehmen beziehungsweise Studierende dazu bringen werden es aufzugeben. Das Problem ist nämlich, dass die Verschuldung, die damit einhergehen wird, viele Menschen, die ein Studium machen wollen, abhalten wird, dieses überhaupt aufzunehmen oder aber, dass sie nicht mehr in der Lage sind, es fortzusetzen. Ich erinnere mich noch ganz gut daran, als ich 1982 mit dem Studium angefangen habe, da ist Helmut Kohl mit der CDU an die Regierung gekommen. Und eine seiner ersten Maßnahmen war, das BAföG, das bis dahin zur Hälfte als Zuschuss und zur anderen Hälfte als Darlehen gezahlt wurde, umzustellen, so dass die Studierenden 100 Prozent als Darlehen später zurückzahlen müssen. Das hat dazu geführt, dass der Anteil der Studierenden, die aus wirtschaftlich schwachen Familienverhältnissen kommen, in den Folgejahren deutlich zurückgegangen sind, weil nämlich diese Problematik da war, dass ein erheblicher Schuldenberg auf sie zukam. Das hat übrigens dazu geführt, dass das - auch noch unter Helmut Kohl - einige Jahre später wieder umgestellt wurde und das BAföG wieder fiftyfifty ist. Ich denke, dass diese Verschuldungsproblematik auch weiter da sein wird und dass sie nicht nur BAföG-Empfänger, sondern viele andere Menschen auch treffen wird. Ich möchte das einmal an ein paar Zahlen deutlich machen. Der BAföG-Höchstsatz ist zurzeit 585 €. Das ist so seit 2001, also inzwischen seit fünf Jahren. Wir alle wissen, wie die Inflation seitdem gewesen ist. In dem BAföG ist nichts für Studiengebühren enthalten, sondern das BAföG ist für Lebenshaltung und den Ausbildungsaufwand gedacht. Nehmen wir mal als Lebensunterhalt den Satz für das Arbeitslosengeld II, Harz IV oft genannt, das sind monatlich 345 €. Dazu müssen viele Studierende noch die Krankenversicherung zahlen. Das sind etwa 55 €. Das heißt, von den 585 € BAföG bleiben nur noch 185 € überhaupt übrig. Davon müssen sie nicht nur ihre Miete und Heizungskosten zahlen, sondern auch die Ausbildungskosten, also das, was nötig ist, um Bücher zu kaufen, um Skripte zu kaufen, um inzwischen teilweise ja, weil es keine Skripte mehr gibt, diese aus dem Internet auszudrucken, um sonstiges Studienmaterial zu haben, um Exkursionen zu finanzieren, um das Besteck, was man beim Zahnmedizinstudium braucht, zu finanzieren, und, und, und, also diese ganzen Ausgaben. Das heißt, das BAföG, so wie es im Moment da ist, und längst nicht jeder bekommt ja den Höchstsatz, ist in keiner Weise kostendeckend und ist auf gar keinen Fall dazu geeignet, auch noch Studiengebühren zu zahlen. Und es gibt viele Studierende, die gar kein BAföG erhalten, aber trotzdem ähnlich wenig Geld bekommen. Alle diese werden in Zukunft, wenn sie 500 € jedes Semester noch zusätzlich auf den Tisch legen müssen, erhebliche Schwierigkeiten haben. Und ich prophezeie, dass die Zahl der Studierenden in dieser Stadt an diesen Hochschulen deutlich zurückgehen wird, obwohl immer gesagt wird - wenn man PISA und andere internationale Vergleiche sich anguckt - dass eigentlich der Anteil der Studierenden in Deutschland viel zu niedrig ist.
Zugleich möchte ich dann auch noch etwas sagen zu dem konkreten Gesetzentwurf. Dieser ist, vergleicht man ihn mit den Gesetzen, die in anderen CDU-Ländern, zum Beispiel Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg, vorgelegt und zum Teil ja schon beschlossen worden sind, sogar noch schlechter. Ich will das an einigen Punkten deutlich machen. Es geht nicht nur darum, dass die Frage, wie hoch denn diese Zinsen für dieses Darlehen sind, in keiner Weise irgendwie definiert wird. Nicht nur die Kosten für die Geldbeschaffung und für die Verwaltung des Darlehens sind offen, sondern die Bank, die damit beauftragt wird, kann nach dem Hamburgischen Gesetzentwurf damit auch noch zusätzliche Gewinne machen. Es gibt weitere Punkte, die aus meiner Sicht zu kritisieren sind. Es sind hier viele Studierende anwesend, die zum Beispiel in Fachschaftsräten oder anderen Gremien der studentischen und akademischen Selbstverwaltung aktiv sind. Dieses Engagement beschränkt sich natürlich nicht nur darauf, dass sie jetzt hier mal an dieser Veranstaltung teilnehmen. Das ist das Geringste. Sondern das sind Studierende, die sich intensiv um andere Studierende und deren Interessen kümmern, die in ihren Orientierungseinheiten die Einführungen in das Studium machen, die dafür sorgen, dass mehr Lehrveranstaltungen durchgeführt werden, dass die studentischen Interessen vertreten werden. Im Hochschulgesetz gibt es eine Bestimmung, die sagt, niemand darf wegen seiner Tätigkeit in der Selbstverwaltung, egal ob das akademisch oder studentisch ist, benachteiligt werden. Deswegen gibt es auch in allen Prüfungsordnungen Bestimmungen, die sagen, wenn jemand deswegen länger studieren muss, kriegt er zum Beispiel eine Prüfungsfristverlängerung oder eine Verlängerung für die Bearbeitung seiner Hausarbeit oder Ähnliches. Solche Regelungen, die dies bei den Studiengebühren ermöglichen, fehlen in dem Gesetzentwurf, den der Senat vorgelegt hat, völlig. Auch das unterscheidet ihn von den Regelungen in anderen Bundesländern. Der zweite Punkt, zu dem ich was sagen möchte, ist: In dem Gesetzentwurf steht auch, dass die Prüfungs- und Studienordnungen, die bisher im amtlichen Anzeiger zu veröffentlichen sind, dort nicht mehr veröffentlicht werden müssen. In der Begründung steht dann, ja, es würde ja ausreichen, wenn die im Internet irgendwie von den Hochschulen veröffentlicht werden. Ich frage mich unter mehreren Gesichtspunkten, was das soll. Weil erstens: Wir haben im Moment an den Hamburgischen Hochschulen zahlreiche Prüfungs- und Studienordnungen, die sind verabschiedet worden in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Das heißt, die sind 20 oder mehr Jahre alt. Wenn wir uns dann jetzt mal angucken, wie die Entwicklung im Internet und in der Computertechnologie ist und das mal ein bisschen zurückverfolgen – ich erinnere mich noch an die Zeiten der Typenradmaschine und Ähnliches, womit ich meine Hausarbeiten geschrieben habe –, dann kann niemand garantieren, dass der technische Standard, der heute da ist, dass der auch noch in fünf oder zehn oder 20 Jahren da ist, das heißt, ob die Dateiformate, in denen im Moment irgendetwas ins Internet vielleicht gestellt wird von den Universitäten und anderen Hochschulen, in ein paar Jahren überhaupt noch lesbar sind. Darüber hinaus frage ich mich: Wie ist zu garantieren, dass die Hochschulen auch die früheren Fassungen der Prüfungsordnungen vielleicht für die Studierenden, die vor ein paar Jahren angefangen haben und mit dem Studium noch nicht fertig sind, auch noch weiterhin im Internet haben? Deswegen bin ich der Meinung, dass eine solche Regelung, die darauf verzichtet, dass Prüfungs- und Studienordnungen amtlich veröffentlicht werden, nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sind. Das Rechtsstaatsprinzip besagt für mich, dass jeder, der von einer Regelung betroffen ist - und in den Prüfungs- und Studienordnungen stehen die wesentlichen Regelungen dafür, wie das Studium denn aussehen soll, welche Fristen da sind, welche Prüfungsleistungen gemacht werden müssen - jeder Student und jede Studentin muss diese Regelung nachlesen können, und zwar schwarz auf weiß und nicht auf irgendwelchen Internetseiten, die die Hochschule jederzeit abschalten kann, die jederzeit verändert werden kann und Ähnliches. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall aus dem Publikum)
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