Gebührenboykott - Informationen zum Kampf für Gebührenfreiheit an der Universität Hamburg

»JA« zur Gebührenfreiheit –
»JA« zu einer gesellschaftskritischen Universität

„Leistungsstarke Hochschulen sind entscheidend für Hamburgs Position als zukunftsfähige Metropole in der Wissensgesellschaft. [...] Mit“ der Entrichtung der Studiengebühren „leisten alle Studierenden einen zumutbaren und wichtigen Beitrag zur Finanzierung ihrer Ausbildung und sichern so ihre Chancen auf ein erfolgreiches Berufs- und Arbeitsleben.“
Aus dem Beitrag der Behörde „für“ Wissenschaft und Forschung für die Broschüre zur Urabstimmung.

„Der Mensch ist ein Wirbeltier und hat eine unsterbliche Seele, sowie auch ein Vaterland, damit er nicht zu übermütig wird. [...]
Der Mensch ist ein nützliches Lebewesen, weil er dazu dient, durch den Soldatentod Petroleumaktien in die Höhe zu treiben, durch den Bergmannstod den Profit der Grubenherren zu erhöhen, sowie auch Kultur, Kunst und Wissenschaft.“

Kurt Tucholsky, Kaspar Hauser, „Der Mensch“, Die Weltbühne, 1931.

Bei der Urabstimmung „JA zur Gebührenfreiheit!“ haben 8432 KommilitonInnen teilgenommen und zu 97 % mit „Ja, ich bin für die Gebührenfreiheit des Studiums“ gestimmt. Die begründete Ablehnung jeglicher Studiengebühren ist trotz (oder gerade wegen) mehrerer Jahre ihrer Erhebung – als Verwaltungsgebühren, als „Langzeitgebühren“, als Allgemeine und nun „Nachgelagerte“ – gefestigter denn je.

20.000 mal wurden u.a. die Texte der Behörde (siehe Zitat) und der Uni-Präsidentin verbreitet. Sie konnten die Studierenden nicht überzeugen, sich eine „Chance auf ein erfolgreiches Berufs- und Arbeitsleben“ kaufen zu wollen. Die triste Alltagserfahrung, im Konkurrenzgerangel zu lernen, als unternehmerfreundlicher Absolventen- Output um Erwerbsarbeit zu bangen und durch diese doch nur die „Metropole“ aufzupolieren, wird nicht bejubelt. Die Schönrednerei, daß nun durch die Gebührengelder alles besser würde, ist durch die tägliche Erfahrung und kritische Bewertung von Bachelor-Streß, Stine-Gängelung, Klausurenterror, sozialem Druck, Willkürverwaltung der Universität und anderem Blödsinn schlicht widerlegt. Da hilft auch die Drohung, wer nicht mitstrample falle durch das Raster der Bescheidwissergesellschaft, nicht mehr. Die Marktfixierung, aus der all diese Übel geschaffen sind, ist keine tragende Antwort, sondern die Vertiefung der Menschlichkeits-, Vernunft- und folglich auch Wirtschaftskrise.

Eine vernünftige Antwort auf die Krise kann nur Opposition zu den Übeln mit humaner Perspektive sein. Die soziale Öffnung der Universität, gerade auch durch die Gebührenfreiheit, ihre bedarfsdeckende staatliche Finanzierung, ihre Demokratisierung sowie ihre geschichtsbewußte Entwicklung eingebunden in die Stadt sind Voraussetzung für Wissenschaft mit kritischem Gesellschaftsbezug. Das ist dann Wissenschaft, in der sich die Hochschulmitglieder in ihrer Tätigkeit selber entfalten können. Bachelor und Stine müssen sofort beendet werden, damit die Beteiligten die Studiengänge gemeinsam zu restriktionsfreien, kritisch praxisbezogenen Studiengängen reformieren können. Die Urabstimmung beweist: Mit dem Ziel verallgemeinerbarer Veränderung solidarisch zu lernen ist erkenntnisreich, praktisch eingreifend und heiter.
Mit den Erfordernissen der Universitätsentwicklung sind insbesondere die Verantwortlichen der Misere – der Senat, der Wissenschaftsausschuß der Bürgerschaft, Frau Auweter-Kurtz – zu konfrontieren, auch durch die eigene Teilnahme bei entsprechenden Gelegenheiten (AS-Sitzung, Bürgerschaftssitzung, Demonstrationen etc.). Kommilitonen und Lehrende sind als Mitstreiter zu gewinnen, damit sich allerorten mehr Gedanken gemacht werden über die Alternative zu dem (hochschul-) politischen Desaster.

„Bildung mündiger Menschen: Ihren Bildungsauftrag sieht die Universität in der Entwicklung von Sachkompetenz, Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit zu argumentativer Verständigung auf wissenschaftlicher Grundlage. Für alle Menschen will sie ein Ort lebenslangen Lernens sein und ein öffentlicher Raum der kulturellen, sozialen und politischen Auseinandersetzung.“
Leitbild der Universität, 1998.

http://www.gebuehrenboykott.de/artikel_157.html [Stand 25. Mai 2009]